Setzen nordrheinwestfälische Politiker die richtigen Prioritäten?

crocodile-448624_1920Verschuldung, Nothaushalt, Haushaltssperre – all diese Vokabeln müssten den Landespolitikern in NRW mehr als geläufig sein.
Allein für das Jahr 2015 legten in NRW 24 Kommunen ein Haushaltssicherungskonzept vor, im Jahr 2014 waren es sogar 60!
Gemeinsam ist diesen Kommunen, dass die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben immer weiter auseinander geht.
Der aktuelle Zustrom von Flüchtlingen verschärft dieses finanzielle Dilemma zusätzlich.
Anstatt den Kommunen jedoch bei der Bewältigung dieser enormen Aufgaben zu helfen und für eine langfristige und nachhaltige finanzielle Entlastung zu sorgen, plant NRW-Landesumweltminister Remmel mit der Einführung eines Gefahrtiergesetzes ein ideologisch gefärbtes Gesetzesvorhaben, welches einerseits an der Realität vorbeigeht, andererseits zusätzliche finanzielle Risiken birgt, die kaum absehbar sind und vor allem für die Kommunen zur erheblichen Belastung werden kann.

Begründet wird die Notwendigkeit eines Gesetzes zur Regulierung der Haltung von gefährlichen Tieren wildlebender Arten (hierunter versteht das Gesetz alle Wildtiere, die durch Größe, Kraft oder Giftigkeit dem Menschen gefährlich werden können) mit der Gefahr für die Bevölkerung, die von ihnen ausgeht. Sechs Unfälle mit Giftschlangen in zwei Jahren führt das NRW-Ministerium als Beleg für die Notwendigkeit an. Tatsächlich ist aber bei keinem dieser Ereignisse ein unbeteiligter Dritter gefährdet gewesen. Genau die Gefährdung unbeteiligter Dritter soll aber der Grund für die Einführung des Gesetzes sein.

Aber nicht nur die tatsächliche Gefahreneinschätzung weist erhebliche Defizite auf – auch die als Grundlage herangezogenen Zahlen sowie der unkalkulierbare Kostenrahmen lassen Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Gesetzes aufkommen.
So sind die vom Ministerium angenommen Zahlen vorhandener „gefährlicher Wildtiere“ reine Spekulation, da es ja, wie schon das Ministerium angibt, keinerlei statistisch zuverlässige Daten gibt. Gerade deshalb sind die Folgen eines totalen Haltungsverbots unabsehbar, da es keinerlei Planungsmöglichkeiten gibt, was dann mit den betroffenen Tieren passiert. Verbleiben diese tatsächlich bis zu ihrem natürlichen Ende beim Besitzer oder trennt er sich von ihnen – nicht zuletzt auch bedingt durch die Brandmarkung der Pfleglinge als Gefahrtiere und die damit verbundenen, teils kaum zu erfüllenden Auflagen für die weitere Haltung, die im Gesetzentwurf vorgeschrieben sind? Und wer übernimmt dann die Pflege und die daraus entstehenden Kosten?
Wie hoch die Kosten tatsächlich werden können, zeigt ein einfaches Rechenbeispiel: In NRW leben rund 22 % der bundesdeutschen Bevölkerung. Geht man davon aus, dass auch die Verteilung der geschätzt vier Millionen gehaltenen Exoten diesem Anteil entspricht, dann handelt es sich um immerhin 880.000 Tiere. Wenn davon nur 5 % zu den vom Gesetz erfassten Arten zählt (eine berechtigte Annahme angesichts der Liste, die auch sehr beliebte Terrarientiere erfasst), dann sind dies immerhin noch 44.000 Tiere. Muss auch nur die Hälfte der Halter die Tiere abgeben, etwa weil sie die Auflagen nicht erfüllen können oder die Anmeldung schlicht versäumten, muss NRW letztlich 22.000, oft langlebige Tiere dauerhaft unterbringen. Hierfür fehlen nicht nur die Unterbringungskapazitäten, auch die entstehenden Kosten sind nicht zu unterschätzen. Selbst bei einer optimistischen Schätzung von Unterbringungskosten von 2 Euro pro Tag und Tier (was bei einer behördlichen Unterbringung utopisch niedrig wäre), wären dies jährliche Kosten von 16 Millionen Euro. Der tatsächliche Finanzbedarf dürfte aber um ein Vielfaches höher liegen, zumal ja auch die Schaffung geeigneter Pflegeplätze zunächst finanziert werden müsste, ganz abgesehen von zusätzlichen Kapazitäten in der Verwaltung.
Auf diese unkalkulierbaren Kosten weist auch der Landkreistag in seiner Stellungnahme vom Februar 2015 hin, insbesondere gibt er hierbei zu bedenken, dass die vom Landesgesetzgeber zur Deckung der Kosten geplante Gebühr keinerlei Kalkulationsgrundlage besitzt.
Vor dem Hintergrund all dieser Unwägbarkeiten fordert der CDU-Politiker und Vorsitzende des Ausschusses für Verbraucherschutz und Veterinärwesen des Landkreistages Nordrhein-Westfalen, Landrat Stephan Pusch, Kreis Heinsberg, das Gesetzesvorhaben aufzugeben. „Dieses Gesetz ist überflüssig und löst nur unnötige Bürokratie aus“, fasste er die Beratungen des Ausschusses zum Entwurf eines Gefahrtiergesetzes zusammen. „Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen haben derzeit – nicht nur durch die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise – wirklich andere Probleme vor der Brust, als Register aufzubauen, in denen vermeintlich gefährliche Tiere verzeichnet sind, und die Haltungen zu kontrollieren.“

Dieser Ansicht ist auch der Dachverband der Tierhalter (DV-TH e.V.). Das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Tieren wildlebender Arten ist nicht nur ein Bürokratiemonster mit in sich unlogischen Schlussfolgerungen, es diskriminiert zudem seriöse Halter und bauscht eine Gefahrensituation auf, die so gar nicht vorhanden ist.
Als sinnvolle Alternative fordert der DV-TH einen verpflichtenden Sachkundenachweis für Halter gefährlicher Tiere, der über die jeweiligen Verbände durchgeführt werden kann. Dies käme den Tieren tatsächlich zugute, würde die ohnehin geringe Gefährdung der Öffentlichkeit noch weiter reduzieren und dabei den Steuerzahler nicht weiter belasten.

Verfasst von DV-TH e.V.

Der Dachverband der Tierhalter (DVTH e.V.) wurde am 03.10.2012, am „Tag der Deutschen Einheit“, als Gegengewicht zu Tierrechtsorganisationen, die im Moment ein Verbot der „Exotenhaltung“, mittelfristig aber ein totales Verbot der Haustierhaltung fordern, gegründet... [Weiter lesen]
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